Ländlicher Raum © Unsplash, Julian Hochgesang
Mit digitalen Innovationen und urbanen Ideen das Leben auf dem Land neu erfinden
Auf sogenannten Meetups, in Coworking Spaces und Berliner Hinterhöfen planen Städter, wie sie ihren Traum vom gemeinschaftlichen Wohnen und digitalen Arbeiten auf dem Land umsetzen können.
Veröffentlichung einer neuen Studie „Urbane Dörfer – wie digitales Arbeiten Städter aufs Land bringen kann“ vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und dem Verein Neuland21.

In Ostdeutschland kämpfen vor allem ländliche Gebiete fern der Großstädte mit Abwanderung und einem anhaltenden Bevölkerungsrückgang. Dieser Trend lässt sich nur stoppen, wenn die Dörfer sich neu erfinden und ein urbanes Klientel für sich begeistern. Seit Kurzem erprobt eine kreative urbane Szene mit innovativen Wohn- und Arbeitsprojekten, wie sich neue Formen digitaler Arbeit mit dem Landleben verbinden lassen.

Bislang zeigt sich in vielen entlegenen Landstrichen im Osten das gleiche Bild: Dörfer und Kleinstädte erleben einen schleichenden Bevölkerungsschwund, die Bevölkerung altert stark und die Orte verlieren weiter an Attraktivität. Was aber können diese Regionen tun, um den Abwärtstrend zu stoppen und sich dem Sog der Großstädte entgegenzustemmen? Diese Frage beschäftigt betroffene Kommunen und vermehrt auch die Bundespolitik.

Sicher ist, dass Dörfer ein eigenes Profil auf Basis ihrer Vorteile – Naturnähe, mehr Freiräume, günstiger Wohnraum – gegenüber der Stadt entwickeln müssen. Lebenswerte Orte entstehen dort, wo sich Menschen mit neuen Ideen und Projekten ans Werk machen und eine Perspektive für sich und andere schaffen. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und der Think Tank Neuland 21 haben 18 solcher Projekte untersucht und die Ergebnisse in der Studie „Urbane Dörfer – wie digitales Arbeiten Städter aufs Land bringen kann“ zusammengefasst.

Digitale Arbeit als Umzugshelfer
Viele der neuen Landbewohner arbeiten in Wissens- und Kreativberufen – von den klassischen Digitalarbeitern wie Programmierern und Grafikdesignern über Architekten und Journalisten, bis hin zu Sozialwissenschaftlern oder Kulturmanagern. Sie können örtlich flexibel ihrem Job nachgehen – also auch vom heimischen Computer auf dem Land aus. Doch sie wollen nicht jeden Tag allein am eigenen Schreibtisch arbeiten, sondern suchen den Kontakt zu Gleichgesinnten. In sogenannten Coworking Spaces können sich hier Freiberufler und Selbständige wie in der Stadt vorübergehend Schreibtische mieten, um gemeinschaftlich zu arbeiten. Einige dieser Coworking Spaces entstehen sogar mit angeschlossenen Unterkünften.

In der Mitte und nicht am Rand
Die Wohn- und Arbeitsprojekte zieht es in der Regel nicht in Neubauten am Stadt- oder Dorfrand. Die Umzugswilligen interessieren sich eher für alte und baufällige Gebäude in der Ortsmitte. Sie verwirklichen ihre Ideen in stillgelegten Fabriken und Mühlen, Krankenhäusern und Berufsschulen, Klosteranlagen und Landgütern. Damit wirken sie einem der drängendsten Probleme ländlicher Räume entgegen: dem Entstehen von sogenannten Donut-Dörfern. Dieses Phänomen, bei dem die Ortskerne verfallen, während am Ortsrand die Neubaugebiete wuchern, lässt sich in Deutschland nahezu flächendeckend beobachten.

Die Politik wäre gut beraten, die Motive und Bedürfnisse der jungen Landlustigen besser kennenzulernen. Denn die Stadt-Land-Wanderer bringen nicht nur Einwohner, Steuer- und Gebührenzahler aufs Land, sondern auch neue Ideen: Sie suchen nach Möglichkeiten, wie man auch ohne Auto auf dem Dorf mobil bleiben kann, denken über Hofläden zur Verbesserung der Nahversorgung nach, eröffnen Galerien und organisieren Festivals. Vor allem aber schaffen sie digitale Inseln, die einen Weg zum Dorf der Zukunft weisen und dabei zu demografischen Speckwürfeln in der Peripherie werden können.

Die Studie wurde gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Sie steht Ihnen » hier als Download zur Verfügung.