Studie: Stadtfrust oder Landlust?
Studie: Stadtfrust oder Landlust?
Immer mehr Großstädter*innen zieht es in die ländlichen Räume - Ist das die Trendwende?
Die Thünen Stiftung und das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) haben Wanderungsgeschehen und Wohnstandortentscheidungen aus der Perspektive ländlicher Räume untersucht.

Jährlich wechseln knapp vier Millionen Menschen innerhalb Deutschlands ihren Wohnort. Jahrelang vielen diese Wanderungen zugunsten der großen Städte aus, inzwischen hat sich das Blatt aber gewendet: viele ländlich geprägte Kreise haben Wanderungsgewinne erzielt. Warum wählen Menschen dabei den einen oder den anderen Wohnort? Die » KoBald-Studie von Thünen- Institut und ILS zeigt auf Basis statistischer Daten, sowie Erkenntnissen aus 3.600 telefonischen Interviews und 30 persönlichen Gesprächen, dass Menschen aufgrund von Stadtfrust, aus Landlust und aus einer Vielzahl handfester anderer Gründe entscheiden.

Die Corona-Pandemie spielt den Autor*innen zufolge bei der Trendwende nicht die entscheidende Rolle: Vielmehr handelt es sich den Erkenntnissen nach um eine bereits länger anhaltende, vor der Pandemie aber in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Trendverschiebung bei den Binnenwanderungen. Dennoch gingen mit der Pandemie Veränderungen einher: Sie hat dem ortsunabhängigen Arbeiten einen Schub gegeben. Und sie hat das Bild vom Land, die Wahrnehmung von Dorf und Kleinstadt als lebenswerte Wohnorte spürbar gewandelt.

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass typische Auslöser für den Wohnortwechsel das Alter, die Haushaltssituation, berufliche Veränderungen, sowie gewünschte Verbesserungen im Rahmen von Familiengründung, Renteneintritt oder anderen Lebenssituationen sind. Für die Wohnortwahl sind laut Studie dabei drei Kriterien entscheidend: die Wohnkosten, das Lebensgefühl am Wohnort und die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten. Obwohl es den 'idealen Wohnort' nicht gibt, leitet die Studie allgemeine Prinzipien für die Quartiers-, Stadt- und Gemeineplanung ab: Wohnangebote zur Miete und im Eigenheim sollten vielfältig sein und verschiedene Phasen im Lebensverlauf abdecken; dem Eigenheim als Nunplusultra sollten alternative, moderne Bilder guten und ressourcenefizienten Wohnens zur Seite gestellt werden; und die Bedeutung eines guten Wohn- und Lebensgefühls im Quartier bzw. Dorf sollte nicht unterschätzt werden, da Annehmlichkeiten und Flair die Wohnstandortentscheidung nicht unerheblich beinflussen.

Mit diesen Entwicklungen und Erkenntnissen verbinden sich für ländliche Räume längerfristig neue Chancen, manchenorts auch Herausforderungen. Diese sollten sich darauf vorbereiten, indem sie für die verschiedenen Altersgruppen und für unterschiedliche Haushaltstypen attraktiv sind und mit verlässlicher Infrastruktur aufwarten.

» Zu den Studienergebnissen als multimediale Reportage