AktVis
Die Projektziele
Ziele des zweijährigen Projektes „AktVis“ waren die Sensibilisierung für das Thema Innenentwicklung und die Aktivierung der Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden und Flächen. Konkrete Projekte sollen dabei helfen, die bestehende Infrastruktur besser auszulasten, die Ortskerne zu beleben und gleichzeitig wertvolle Landschaftsflächen vor der Inanspruchnahme der Siedlungsentwicklung zu schützen. Diese Ziele konnten erreicht und weitere wichtige Erkenntnisse gesammelt werden, so das Fazit des Forschungsteams.
Dafür arbeiteten in „AktVis“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt, Fachgebiet Landmanagement, Forschungsgruppe Arbeits- und Ingenieurpsychologie, und des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD mit den drei Projektkommunen Bensheim, Münster/Hessen und Otzberg und dem Regionalmanagement Darmstadt-Dieburg interdisziplinär zusammen. Gemeinsam fanden sie Lösungen für Strategien der Innenentwicklung. Einzeleigentümerinnen und -eigentümer sollten aktiviert werden, die Innenentwicklungspotenziale ihrer Gemeinden zu nutzen. Dabei wurde ebenfalls der Einsatz eines interaktiven Geo-Informationstools WebGIS in der Beteiligung getestet.
Die Projektergebnisse
Als Ergebnisse wurden übertragbare Strategien zur Entwicklung von Prozessen und Instrumenten zur Flächenaktivierung in Ortszentren erarbeitet. Auch interaktive Planungsinstrumente zur Verbesserung der Kommunikation und Kooperation erstellte „AktVis“. Die entwickelte Software WebGIS kam bei mehreren Veranstaltungen auf einem digitalen Multitouch-Tisch und als Online-Version zum Einsatz.
Wesentliche Erkenntnisse des Vorhabens sind:
Im Bereich Innenentwicklung von Gemeinden:
» Starker politischer Wille und klare Zielvorstellungen sind Grundvoraussetzungen für Innenentwicklung.
» Lokale Multiplikatoren haben dafür große Bedeutung.
» Hoher Beratungsbedarf dafür besteht bei privaten Eigentümerinnen und Eigentümern.
» Ortsinnenentwicklung ist eine langfristige Aufgabe.
Im Bereich Sensibilisierung und Aktivierung der Bevölkerung:
» Sensibilisierung der Bevölkerung für die Thematik ist möglich und für die Aktivierung nötig.
» Beteiligung unterschiedlicher Zielgruppen steigert den Gemeinschaftssinn.
» Bottom-up-Beteiligung ist passend für die Innenentwicklung.
Im Bereich Visualisierung von Vorhaben:
» WebGIS: Visualisierung stärkt die räumliche Vorstellungskraft und unterstützt Informationsvermittlung und Austausch.
Die Ergebnisse werden in Handreichungen veröffentlicht und können von anderen Kommunen verwendet werden. Im Paket mit dem WebGIS bilden sie ein Hilfsmittel für Kommunen, die nachhaltige Ortsentwicklung planen und relevante Akteure informieren und beteiligen möchten. Die drei „AktVis“-Kommunen führen ihre Arbeit an gemeinsamer Zentrenentwicklung über das Projektende hinaus fort. Für das WebGIS sind ein weiterer Einsatz und die Weiterentwicklung des Tools geplant.
Prof. Dr. Hans-Joachim Linke zeigt die Herausforderungen, die Chancen der Innenentwicklung insbesondere in kleineren Kommunen zu thematisieren. 3D-Visualisierung der städtebaulichen Veränderungsmöglichkeiten bietet hier einen wirkungsvollen Zugang zu Bürgerinnen und Bürgern und kann die Sensibilisierung politischer Entscheiderinnen und Entscheider unterstützen.
Die Projektmethodik
Mit einem dreistufigen Aktivierungs- und Beteiligungsprozess wurde die Thematik der Innenentwicklung in den Kommunen diskutiert. Dabei bewährte sich die Aufteilung in die Bestandteile Ortsteil – Quartiere – Projekte. Den Prozess selbst gestaltete das Forschungsteam in mehreren Workshops, Gesprächen und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen.
Bei der Projektarbeit entstanden auch neue Fragen, wie zum Beispiel: Welche Formate sind für welche Zielgruppe am geeignetsten? Inwieweit können kleine und mittlere Kommunen zukünftig bei den Ausgaben der Innenentwicklung unterstützt werden? Daneben wurden weitere Potenziale zur Weiterentwicklung des WebGIS erkannt.
Ergebnisse & Lösungen
Die Praxis zeigt, dass sich Innenentwicklung mit vielen unterschiedlichen Interessen und Konflikten auseinandersetzen muss, die wiederum nur kooperativ und gemeinsam bewältigt werden können. Dabei spielt es eine entscheidende Rolle, die Bürgerschaft für die Notwendigkeit und den Mehrwert einer Innenentwicklung vor Ort zu sensibilisieren. Insbesondere ist die Aktivierung der Eigentümer*innen ausschlaggebend, weil diese über Grundstücke verfügen und über deren Nutzung entscheiden. Sie werden damit zu wichtigen Schlüsselpersonen der tatsächlichen Umsetzung einer Innenentwicklung. Die wechselseitige Abhängigkeit zwischen öffentlichem und privatem Grundstückseigentum erfordert eine kommunikative Ausgestaltung des Innenentwicklungsprozesses.
Für drei Kommunen in Südhessen wurden im Forschungsprojekt AktVis neue Methoden zur Aktvierung von Innenentwicklungspotenzialen durch das Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und Wissenschaft sowie privaten und wirtschaftlichen Akteuren erarbeitet und getestet. Dafür stehen verschiedene Instrumente und Methoden zur Verfügung, unter anderem eine intensive Öffentlichkeitsarbeit oder Bürgerworkshops. Eine direkte Ansprache der betreffenden Eigentümer*innen ist ebenfalls ein sehr erfolgsversprechendes, jedoch aufwendiges Aktivierungsinstrument. Im Rahmen des Projektes AktVis konnten auf diese Weise mehrere bauliche Projekte zur Innenentwicklung angestoßen werden.
» Volltext (PDF)Bestandsentwicklung und Stadterneuerung sind Hauptbetätigungsfelder innerhalb der Kommunen und thematisch eng mit der Innenentwicklung verbunden. Der vor Ort herrschende und zukünftige Flächenbedarf soll danach innerhalb des Bestandes gedeckt werden. Durch den in § 1 Abs. 5 BauGB verankerten Vorrang der Innenentwicklung sollen Freiflächen im Außenbereich vor der Inanspruchnahme geschützt werden.
Trotz gesellschaftlichen Konsenses hinsichtlich der nötigen Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, bestehen weiterhin Defizite in der tatsächlichen Umsetzung. Begründet durch komplexe städtebauliche Planungs- und Entscheidungsprozesse, bei denen verschiedene und viele Akteursinteressen sowie standortbezogene Rahmenbedingungen beachtet werden müssen, ist eine Innenentwicklung oft schwieriger als eine Außenentwicklung.
Im Forschungsprojekt AktVis haben sich mehrere Ansätze herauskristallisiert, um Innenentwicklung in kleinen und mittleren Kommunen zu forcieren. So muss für eine gelungene Innenentwicklung der gesamte Ort aktiviert werden. Hierbei ist das Zusammenspiel aller Maßnahmen sowie Projekte entscheidend. Es zeigt sich, dass Innenentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe betrachtet werden muss. Zehn Strategieelemente für eine erfolgreiche Innenentwicklung lassen sich benennen.
» Volltext (PDF)Für eine erfolgreiche Innenentwicklung ist es für Kommunen essentiell, die häufig kleinteiligen Flächenpotenziale wie Baulücken oder leerstehende Einzelgebäude in den Ortskernen zu aktivieren. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es nur relativ selten gelingt, diese Flächen in Wert zu setzen. Meist stehen den Kommunen bei dieser Aufgabe private Eigentümer*innen gegenüber, zu deren persönlichen Motiven und Interessen wenig bekannt ist und die zum Teil einen hohen Beratungsbedarf haben.
Das Projekt AktVis erprobte daher, wie Unterstützung bei Innenentwicklungsprojekten konkreten geleistet werden kann und das kommunale Instrumentenportfolio der Innenentwicklung ergänzen kann. Unter anderem wurden Beratungen zu Baulückenschließungen, Wiederbelebungen von Leerständen sowie Umnutzungen von Nebengebäuden durchgeführt. Interesse an einer Beratung war oftmals vorhanden, aber ebenso Bedenken hinsichtlich des Aufwands und der Umsetzbarkeit einer tatsächlichen baulichen Veränderung. Mit interessierten Bürger*innen wurden Einzelgespräche vereinbart, um gemeinsam über Baumaßnahmen und damit verbundene Risiken sowie Chancen zu sprechen. In den durch einen Leitfaden strukturierten Beratungsgesprächen sollten die Eigentümer*innen ihre Ideen und Wünsche für eine denkbare bauliche Veränderung konkretisieren. Ziel dieser Gespräche war es gemeinsam weitere Handlungsschritte im Prozess der baulichen Umsetzung einzuleiten. Die Gespräche waren so gestaltet, dass stets das Interesse der Eigentümer*innen im Fokus stand und die Projektmitarbeiter*innen lediglich als informierende Einheit und Hilfestellung fungierten.
Die Ergebnisse der Beratungen waren auf Grund der individuellen Ausgangssituationen, Erwartungen und Stadien der Projekte sehr unterschiedlich. Insgesamt konnte jedoch festgestellt werden, dass Beratung die Innenentwicklung unterstützen kann.
» Volltext (PDF)Visualisierung ist bei räumlicher Planung relevant, da eine verbale Beschreibung einer geplanten städtebaulichen Situation oft nicht ausreichend ist. Sie präzisiert z.B. in Beteiligungsveranstaltungen die sprachliche Darstellung, wirkt anregend und vermag so Aufmerksamkeit auf die Wirkungen einer baulichen Entwicklung oder die Problemstellungen der Flächeninanspruchnahme zu lenken. Visualisierung ist ebenfalls ein zentrales Element zur Aktivierung, da durch sie der betreffende Raum und dessen Umgebung für die Bürgerschaft räumlich erfahrbar abgebildet werden. Hierbei ist wichtig, dass Visualisierung nicht nur vorgegeben ist, sondern dass eine interaktive Ortsentwicklung mit ihren Werkzeugen zur aktiven Gestaltung und der Verfassung von Anmerkungen die passive Betrachterrolle aufbricht.
Im Forschungsprojekt AktVis wurden als Informationsmittel und zur Verbesserung der Kommunikation sowie Kooperation die Möglichkeiten der 3D-Visualisierung eingesetzt. Dafür wurde vom Fraunhofer IGD in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt ein webbasiertes GIS (WebGIS) entwickelt und dabei gleichzeitig eine Verknüpfung von Vor-Ort-Beteiligung mit Online-Partizipation ermöglicht.
Es hat sich gezeigt, dass sich Veränderungen der Siedlungsstruktur mit einem interaktiven WebGIS schneller und visuell eindrücklicher vornehmen lassen als bei klassischen Darstellungsmethoden wie Holzmodelle oder ausgedruckten Pläne. Digitale 3D-Modelle erlauben einen intuitiven Zugang zum Raum. In Planungsprozessen können durch solche virtuellen Modelle und unterschiedliche Funktionalitäten Bürger*innen informiert, aktiviert, beteiligt, und beraten werden.
» Volltext (PDF)Innenentwicklung kann gelingen. Die auf Basis der Erfahrungen des Projektes AktVis entwickelten Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Innenentwicklung bestehen zum einen aus praxisrelevanten, thematischen Blöcken, wie die Eigentümeransprache und Beratungen, sowie zum anderen aus einer Strategie zur Innenentwicklung, die die Einzelthemen zusammenfassend darstellt.
Dabei liegt der Fokus bei der Umsetzung der Innenentwicklung in kleinen und mittleren Kommunen, die eine andere Ausgangssituation besitzen als Großstädte. Zielgruppe der Handlungsempfehlungen sind vornehmlich die kommunalen Verwaltungen und politischen Vertreterinnen und Vertreter, die wertvolle Anregungen für einen gelingenden Prozess der Innenentwicklung in ihrer Kommune gewinnen können.
» Volltext (PDF)