WEBWiKo
Die Projektziele
Wie ist angesichts demografischer Veränderungen eine strategische Entwicklung in der Region Bremen möglich? Eine Region, in der Gemeinden mit Bevölkerungswachstum und -wegzug dicht nebeneinander liegen; Menschen pendeln – und immer mehr ältere Menschen leben? Wie lässt sich der Bedarf an sozialer Infrastruktur langfristig planen? Die Städte Bremen, Delmenhorst und Osterholz-Scharmbeck, die Gemeinde Ganderkesee und die Landkreise Osterholz und Oldenburg erhielten im Projekt „WEBWiKo“ die Grundlage ihrer strategischen Planungen: zum einen eine Datenbasis der Bevölkerungsentwicklung, kleinräumig und regelmäßig aktualisierbar, und zum anderen entsprechende Prognose-Tools. Entwickelt wurden diese Tools gemeinsam mit der regio GmbH, dem OFFIS-Institut für Informatik, dem Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung Dortmund und dem Statistischen Landesamt Bremen, unter Federführung des Kommunalverbundes Niedersachsen/Bremen – der „Region Bremen“.
Die Projektergebnisse
Im Forschungsprojekt entstanden sind folgende digitale Werkzeuge, die verwaltungs- und gemeindegrenzenübergreifend genutzt werden können:
Gemeinsame Dateninfrastruktur:
» Die Daten sind kleinräumig – mit einem 500-MeterRaster und einer administrativen Gebietshierarchie. Sie werden regelmäßig aktualisiert und sind regional verfügbar.
» Die Daten umfassen Bevölkerungsbestand und -bewegungen mit demografischen Angaben wie Alter, Geschlecht, Nationalität der Bewohnerinnen und Bewohner.
» Die Daten sind datenschutzkonform.
Regionale Bevölkerungsprognose und Wirkungsszenarien:
» Die Bevölkerungsprognose wird einmal jährlich kleinräumig für die einzelnen Ortsteile erstellt. Demografische Entwicklungen und neue Prognosen können zeitnah integriert werden.
» Die Prognose ist regional abgestimmt, Fachplanerinnen und Fachplaner bringen ihr lokales Wissen ein. Damit sind die Ergebnisse valide.
» Eine themenbezogene Auswahl der Daten ist in sogenannten Wirkungsszenarien möglich, zum Beispiel für die Kita-Planung. Die Kita-relevante Bevölkerungsgruppe wird dem Kita-Platzangebot gegenübergestellt und der zukünftige Bedarf prognostiziert.
Regionale Dashboards und Experten-Analysewerkzeug:
» Für alle Kommunen relevante Daten werden in einem sogenannten Dashboard für die gesamte Region bereitgestellt. Die Grafiken in dieser digitalen Technik sind räumlich und zeitlich dynamisch miteinander verbunden.
» Im Experten-Analysetool sind alle Daten verfügbar und lassen sich flexibel in der benötigten Form, beispielsweise in Tabellen, Diagrammen und Karten zusammenstellen. Eine Weiterverarbeitung in anderen Programmen, etwa in Tabellenkalkulationen oder im Geoinformationssystem GIS, ist möglich.
Die vom „WEBWiKo“-Forschungsteam als Prototypen erstellten Tools stehen künftig auch anderen Regionen und Kommunen zur Verfügung. Sie sind ohne zusätzliche Software handhabbar.
Benjamin Möller verdeutlich die Bedeutung des interkommunal geteilten Wissens über Bevölkerungsentwicklungen als wichtige Grundlage gemeinsam abgestimmten Handelns. Im funktional verflochten – aber administrativ getrennten – Raum des Kommunalverbunds Niedersachsen/Bremen ist mit dem Demografie-Dashboard ist ein übertragbares Software-Tool entstanden, das datenschutzkonform Bevölkerungsdaten über Gemeindegrenzen hinweg aufbereitet.
Die Projektmethodik
Die Werkzeuge entstanden in einem gemeinsamen Prozess mit den künftigen Nutzerinnen und Nutzern der Region Bremen. In Interviews fragten die Forschenden die kommunalen Bedarfe ab, in mehreren Implementierungsschleifen entstanden die Datenbasis und die Tools. Der Prozess wurde vom Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung fortlaufend evaluiert.
Im Laufe des Projekts zeigte sich ein zusätzlicher Bedarf für die strategische Planung: Die kommunalen Fachleute halten ein Wirkungsszenario „Wohnungsmarkt“ für notwendig, mit dem sich der Bedarf an Wohnraum für die Region prognostizieren lässt. Die Umsetzung des Szenarios ist vorgesehen.
Ergebnisse & Lösungen
Um beispielsweise Kita-Plätze oder weitere Daseinsvorsorgeeinrichtungen bedarfsgerecht planen zu können, müssen Kommunen ihre Bevölkerungsentwicklung auf kleinräumiger Ebene vorausberechnen. Allerdings sind die bisher verfügbaren Bevölkerungsprognosen meist auf einer größeren räumlichen Ebene (Gesamtstadt oder darüber) angesiedelt. Real bestehende kleinräumige Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung können von den Planungsakteuren daher bisher nur unzureichend abgeschätzt werden.
Der Beitrag beschreibt einen innovativen Ansatz zur kleinräumigen Bevölkerungsvorausberechnung, der im Rahmen des „Kommunen innovativ“-Projekts WEBWiKo entwickelt wurde. Als Fallregion wurden mehrere Kommunen im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen ausgewählt, mit denen die erforderlichen Werkzeuge entwickelt und erprobt wurden. Zur Vorausberechnung der Bevölkerung wird ein Kohorten-Komponenten-Modell zu Grunde gelegt, welches nach Alter, Geschlecht und Nationalität unterscheidet. Die Ergebnisse werden sowohl auf der Ebene von kleinräumigen Gebieten als auch für Rasterzellen von 500 m x 500 m ausgewiesen. Mit einem sogenannten Prognose-Editor ist es möglich, die Annahmen zur Fortschreibung der Komponenten der Bevölkerungsentwicklung (Geburten, Sterbefälle, Wanderungsbewegungen) für jedes kleinräumige Gebiet spezifisch den örtlichen Gegebenheiten anzupassen, um so zu genaueren Ergebnissen zu gelangen und gleichzeitig die Bevölkerungsvorausberechnung regional konsistent abzustimmen.
» Volltext (PDF)Im Projekt WEBWiKo wurden digitale Werkzeuge für ein kleinräumiges, regionales Demografie-Monitoring entwickelt und in der Region Bremen in Zusammenarbeit mit sechs Praxiskommunen erprobt.
Aus den Einwohnermeldeämtern der einzelnen Kommunen werden jährlich die kleinräumigen Bevölkerungsbestands- und Bewegungsdaten datenschutzkonform gewonnen, ohne dass dafür eine regional verankerte abgeschottete Statistikstelle benötigt wird. Die Daten aus den einzelnen Kommunen werden in einer zentralen Dateninfrastruktur für die gesamte Region gesammelt. Auf dieser Basis wird eine kleinräumige Bevölkerungsprognose berechnet. Das Prognosemodell nutzt die regionale Datenbasis, um mit neuartigen Konzepten ein valideres Ergebnis für die kleinräumige Prognose zu erhalten. Bestands-, Prognose- und Wanderungsdaten werden den kommunalen und regionalen Akteuren in leicht zu bedienenden Webanwendungen (Dashboards) präsentiert und erlauben darüber die Berücksichtigung in vielfältigen Planungs- und Entscheidungsprozessen.
Die am Projekt beteiligten Praxiskommunen konnten in der Erprobungsphase auf Daten zurückgreifen, die sie in dieser Form größtenteils bisher nicht zur Verfügung hatten. Darüber hinaus konnten sie für ihre Planungsaufgaben neue Werkzeuge für die Datennutzung und -analyse einsetzen.
» Volltext (PDF)