Im Thüringer Landkreis Weimarer Land sind die Weichen für eine kreislauforientierte Abwasserwirtschaft gestellt. Wasserwirtschaftler und Forschende klärten die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen für eine Infrastruktur, die Abwasser als Ressource nutzt.
Die Projektziele
Es ist ein nachhaltiges, innovatives Konzept: Kreislauforientierte Abwassersysteme – Neuartige Sanitärsysteme (NASS) – sammeln und nutzen Abwasser getrennt. Weniger verschmutztes Abwasser aus Dusche, Küche etc. fließt in ein Bodenfiltersystem vor Ort. Eine Pflanzenkläranlage reinigt das Grauwasser und führt es dem Gewässerkreislauf zu. Das stärker verschmutzte Toilettenabwasser, das sogenannte Schwarzwasser, gelangt in eine Biogasanlage – aus ihm entsteht saubere Energie.
Die Einführung des NASS-Konzepts in Deutschland ist durch rechtliche, organisatorische und finanzielle Herausforderungen erschwert. Ziel des „NoLA“-Forschungsteams war deshalb die Erforschung von praktikablen Ansätzen und Strategien. Der kommunale Partner, der Abwasserzweckverband Nordkreis Weimar, stellte seine praktischen Erfahrungen als Grundlage für NASS bereit. Die Forschenden der Bauhaus-Universität Weimar bereiteten diese Informationen wissenschaftlich und konzeptionell auf. Ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht komplettierte das Projektkonsortium. Als Modellgemeinde diente die Thüringer Kommune Rohrbach – eine Gemeinde im demografischen Wandel. In dieser soll eine innovative Abwasserentsorgung etabliert werden, die für die Bewohnerinnen und Bewohner finanziell tragbar ist. Die Ergebnisse können auf Gemeinden mit ähnlichen Fragestellungen übertragen werden.
Die Projektergebnisse
Rechtliche Bedenken, so die Erkenntnis von „NoLA“, hindern viele Interessierte, kreislauforientierte Abwassersysteme einzuführen. Hinzu kommen nicht etablierte Netzwerke zwischen den kommunalen und regionalen Fachbereichen. Um die Übertragbarkeit der in dem Vorhaben gewonnen Erkenntnisse zu sichern, erstellte das „NoLA“-Team verschiedene Orientierungshilfen. Diese sollen kommunale Abwasserentsorger befähigen, selbstständig eine nachhaltige Abwasserentsorgung im ländlichen Raum zu gestalten.
Die wesentlichen Ergebnisse der „NoLA“-Forschungen:
» Handreichung einer Analysemethode, mit der Strategien zur Einführung von Systemansätzen formuliert werden können.
» Hilfestellung für den Planungsprozess, durch die ein strukturierter Ablauf der Planung ermöglicht werden soll.
» Bewertungshilfe, die interessierte Akteure bei der Konzeption eines geeigneten Organisationsmodells unterstützt.
» Mustersatzungen, sodass Abwasserentsorger Bestandteile einer kreislauforientierten Abwasserentsorgung unkompliziert in ihrem Satzungsrecht verankern können.
» Diskussionspapier, in dem die wesentlichen fachrechtlichen Erkenntnisse bei der kreislauforientierten Verwertung von Abwasser zusammengefasst werden.
In Rohrbach selbst kann der Abwasserzweckverband Nordkreis Weimar nun die erzielten Erkenntnisse anwenden und in den nächsten Jahren Schritt für Schritt ein NASS umsetzen. Als Impulsgeber tritt die Internationale Bauausstellung Thüringen auf, die das Vorhaben im Jahr 2023 einer interessierten Weltöffentlichkeit präsentieren möchte.
Die Projektmethodik
Methodisch wurde in dem Projekt ein integriertes Vorgehen gewählt. So basieren die Erkenntnisse auf der Beteiligung von Praxisakteuren und der Mitwirkung von Entscheiderinnen und Entscheidern der Kommunal- und Landesebene. Hier galt es, die Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Literatur gemeinsam mit den zuständigen Verwaltungsbehörden zu erörtern. Anspruchsvolle fachrechtliche Fragestellungen konnten mit Hilfe des Fachanwaltes geklärt werden. Am Projektende bleibt die Erkenntnis, dass es weitere regulative Fragestellungen gibt, die für eine großflächige Einführung von kreislauforientierten Abwassersystemen einer Antwort bedürfen.